Der Gesangverein Concordia in Bellersen hat sich seit seiner Gründung 1898 der Pflege des geistlichen und weltlichen Chorgesanges verschrieben. Dieses gelang dem Verein inzwischen über 110 Jahre – auch in turbulenten Zeiten.
1898 – 1930 | 1930 – 1975 | 1975 – 1999 | ab 2000
Die Gründung der Concordia Bellersen geht zurück auf eine Initiative von Ortspfarrer Heinrich Köhne und Lehrer Gustav Krekeler. Die Geschichte des Chores begann im Jahr 1898 mit 22 Sängern. Es wurde auch gleich ein Vorstand gewählt. Der Vorsitzende wurde Heinrich Sagel, sein Stellvertreter Josef Backhaus. Für die Übungsstunden wurde ein separates Zimmer bei Gastwirt Benstein angemietet und eine Satzung als Grundlage für die zukünftige Arbeit festgelegt. Über die drei Jahrzehnte nach der Vereinsgründung liegen keine Unterlagen vor, sie sind verschollen. Es existiert aber ein
Liederbuch mit dem Besitzvermerk „Eigentum des Gesangvereins Concordia in Bellersen“ aus dem Jahre 1898. Nach mündlichen Überlieferungen sollen sich die Sänger „nach Bedarf“ zur Mitgestaltung der Gottesdienste getroffen haben.
Ab Juni des Jahres 1930 gib es wieder eine Chronik und offizielle Betätigungen des Vereins: Der Gasthof Versen wurde Vereinslokal. Die Chorproben wurden auf den Samstagabend festgelegt. In diesem Jahr wurden zehn Volkslieder und neun Kirchenlieder eingeübt. Auch der gesellige Teil kam nicht zu kurz:
Ein großes Waldfest am Strickberg wurde im August 1931 gefeiert. Daß es auch schauspielerische Talente im Chor gab, davon konnten sich die Dorfbewohner am zweiten Weihnachtstag des Jahres 1932 und am Neujahrstag bei ersten Theateraufführungen überzeugen. Eine Tradition in Bellersen war geboren.
Ihr erstes Sängerfest besuchte die Concordia im Jahre 1933 in Steinheim. Im Juli 1934 wagte sich der Chor selbst an die Ausrichtung eines großen Sängerfestes. Vom 21. bis 23. Juli stand Bellersen ganz im Zeichen der schönen Töne. Eine weitere Premiere gab es am 1. September 1935, der erste Vereinsausflug stand auf dem Programm: Die Fahrt führte durch die Warburger Börde nach Arolsen, zum Schloss Wilhelmshöhe, über Hann.-Münden und Karlshafen wieder zurück.
Nach dem Krieg begann auch bei der Concordia der Wiederaufbau. Nachdem ab Anfang Mai 1954 der Verein ohne Chorleiter war, übernahm im Juni der Sangesbruder Robert Ahrens das wichtige und verantwortungsvolle Amt des Dirigenten. Robert Ahrens blieb 45 Jahre Dirigent im Männerchor. Im Jahr 1955 wurde (bezogen auf die Wiederaufnahme der offiziellen Vereinsaktivitäten 1930) das 25-jährige Stiftungsfest gefeiert. Es wurde beschlossen, zu diesem Fest eine Vereinsfahne anzuschaffen. 1966 fand ein wichtiger personeller Wechsel an der Spitze des Vereins statt. Der seit 1955 amtierende Vorsitzende Heinrich Backhaus wollte sein Amt in jüngere Hände geben. Die Versammlung wählte Josef Meise zum neuen ersten Vorsitzenden. Josef Meise blieb 34 Jahre Vorsitzender der Concordia.
Am 25. Mai 1975 trat der „MGV Concordia Bellersen“ mit dem im Grunde nicht korrekten Gründungsdatum „Juni 1930“ dem Deutschen Sängerbund bei. Am 1. Mai 1978 stellte der Verein erstmalig auf dem Strickberg einen Maibaum auf – Beginn einer weiteren Tradition im Dorf. Im Jahre 1980 wurde, für alle Mitglieder überraschend, die Concordia plötzlich 30 Jahre älter. Die Gründungssatzung des Vereins von 1898, die bei der Verzeichnung des Altaktenbestandes des Amtes Brakel 1978 im Stadtarchiv aufgefun-den wurde, war in das Bewußtsein der Sangesbrüder gedrungen, so daß 1998 nun der 100. Geburtstag gefeiert wurde. 1999 konnte Volker Schrewe als Dirigent und Chorleiter für die Concordia gewonnen werden. Auf der Jahreshauptversammlung im Jahr 2000 legte dann der langjährige Vorsitzende Josef Meise sein Amt nieder. Sein Nachfolger wurde Norbert Reineke. Mit dem neuen Dirigenten nahmen in den folgenden Jahren die Aktivitäten des Vereins zu.
In jüngerer Zeit gehören regelmäßiges Singen bei dörflichen Festen in Bellersen, das Singen zum 1. Mai oder bei feierlichen Gottesdiensten in der Meinolfuskirche, aber auch Auftritte in der Umgebung (Höxter, Brakel, Bökendorf, Dalhausen) zu den regelmäßigen Verpflichtungen des Chores. Daneben präsentiert der Chor seinen Besuchern und seiner inzwischen großen „Fan-Gemeinde“ vielseitige Konzertprogramme. Immer wieder auf’s Neue interessant werden die Konzerte nicht zuletzt durch die Verpflichtung von namhaften Solisten, Gastchören oder auch Orchestern.
Unter dem Motto „Das macht die Berliner Luft“ präsentierte Concordia Bellersen z.B. auf „Heuchel's Deele“ eine schwungvolle Revue mit Melodien aus dem alten Berlin. Besonderer Gast an diesem Abend war die Sängerin Jeanette Giese. An gleicher Stelle fand auch ein Deelenkonzert mit dem Vokalquartett DROPS statt oder im Jahre 2014 das Konzert des noch jungen Frauenchores mit über 20 Sängerinnen, Jeanette Giese und Peter Moss: „Oh happy Day!“. Auch ein Konzert- und Tanzabend im Stil der Fünfziger Jahre unter dem Motto „Rock‘n Roll im Petticoat“ mit dem Tanzmusiker Klaus Wulfheide und Auftritte gemeinsam mit der „Timo Schuster-Showband“ oder auch der „Oberwälder Blaskapelle“ zeigen, das die Sänger aus Bellersen gerne neue Wege gehen.
„Trara, das tönt wie Jagdgesang“ hieß ganz traditionell ein Konzert in der Meinolfushalle Bellersen mit einem Waldhornquartett der nahen Detmolder Musikhochschule, mit dem der Chor sich schon gemeinsam beim Festival der Dörfer im Rahmen der EXPO Initiative „Dorf der Zukunft!“ im Jahr 2000 präsentierte. An gleicher Stelle führte er im Jahre zum 1000-jährigen Jubiläum des Dorfes ganz up to date den Hit aus den Charts der Gruppe Santiano mit E-Bassisten Peter Moss aus London und Gitarristen aus dem Ort auf.
Die Weihnachtskonzerte mit dem Konzertorganisten Christoph Grohmann sind schon zu einer festen Tradition in Bellersen geworden. Neben Konzerten gemeinsam mit verschiedenen Solisten: Flöte (Zi-Won Lee, Horst Nölle), Bratsche (Therese Eberle), Trompete (Erich Neitmann, Holger Darabas) oder Bariton (Georg Thauern), wurde 2010 gemeinsam mit einem Frauen-Projektchor, Solisten (u. a. Matthias Schlubeck, Pan-flöte) und Orchester (Camerata Leopoldina) die „Böhmische Hirtenmesse“ von Jakub Jan Rhyba oder im Jahre 2015 eine ganze Suite von Weihnachtsliedern: „Klänge aus dem Alpenland“ mit der Oberwälder Blaskapelle und dem gemischten Chor zur Aufführung gebracht. Für das Weihnachtskonzert 2012 in der St. Meinolfuskirche und in der Marienkirche in Detmold, schrieb der koreanische Komponist Sang-Eun Han eigens das Werk „Spring for Orchestra“.
Auch Reisen: „Chortrainingslager“ an der Möhne-Talsperre, Fahrten nach Ahrweiler (Schubert „Deutsche Messe“ in St. Laurentius) und ins „Nibelungenland“ (Haydn-Messe in Viernheim, Auftritt beim hr4-Wan-dertag) – meist gemeinsam mit den Sängerfrauen – gehören zum Programm des Chores. 2012 machte man sich mit einer 47-köpfigen Sangesfamilie sogar in das polnischen Nowe Kramsko auf. Es war die erste Auslandsreise des Vereins überhaupt, die gekrönt wurde durch einen wunderbaren Auftritt vor über 1.000 Messbesuchern in der durch Größe, Modernität und Akustik beeindruckenden Heilig-Geist Kirche in Zielona Góra. Die Sängerinnen der Concordia machten sich 2014 selbständig und wirkten mit beim schwungvollen Sommerkonzert der VoiceAkademie Zwingenberg im Theater Mobile.
Concordia Bellersen möchte neben dem Angebot einer schönen Freizeitbeschäftigung, auch einen kulturel-len Beitrag zum dörflichen Leben leisten. Da sich jeder Hobbysänger, wenn er denn öffentlich auftritt, heute mit der Konkurrenz von TV, Radio und CD messen muß, haben die Sänger in den letzten Jahren ihre musikalischen Anstrengungen verstärkt, was sich nicht zuletzt in der Verpflichtung des professionellen Chorleiters Volker Schrewe (Absolvent der Detmolder Musikhochschule) manifestiert.
Die Zahl der Sängerinnen und Sänger hat im ganzen Kreis Höxter stark abgenommen: Sangen 2006 noch 1565 Männer und Frauen in Chören im Kreis Höxter, hat sich diese Zahl auf 1098 im Jahr 2014 reduziert. Beim Männergesangverein Concordia Bellersen ist man aber auf dem Weg zu einer Lösung. »Auch bei uns war Mitgliederschwund«, blickte Vorsitzender Norbert Reineke im Gespräch mit dem „Westfalen-Blatt“ zurück. Sogar Werbeplakataktionen im Ort mit Sprüchen wie »Mann, wir brauchen Deine Stimme« oder »Wo Männer was zu sagen haben« hätten nicht den erhofften Erfolg gebracht. Im Jahr 2010 hat der Männergesangverein erstmals Frauen zur Teilnahme an einem gemeinsamen Weihnachtschor aufgerufen. Dieser sang dann mit großem Erfolg die Böhmische Hirtenmesse. Angespornt durch diesen Erfolg beschritt der Männerchor Anfang 2013 endgültig neues Terrain und suchte Frauen, die Interesse am regelmäßigen Chor-gesang haben. Norbert Reineke: »Die Resonanz war gut. 19 Frauen sind gekommen.« ... »Durch die Frauen können wir auch anderes Liedgut singen, auch mal etwas Moderneres«, freut sich der Vorsitzende: »Man muß mit der Zeit gehen, und das wollen wir auch.« Seit dem 5.2.2013 probt auch der Frauenchor, inzwischen mit 23 Sängerinnen, regelmäßig jeden Dienstag und bestreitet eigene Auftritte und Konzerte und tritt bei größeren Veranstaltungen gemeinsam mit dem Männerchor als gemischter Chor in Erscheinung